Der Kosmos der Berliner Philharmoniker: 126 Musiker, alle Meister
ihres Fachs und stark ausgeprägte Persönlichkeiten, die mit ihrem
individuellen Können den Klang des Orchesters formen und ihre
Virtuosität gleichzeitig doch in den Dienst der gemeinsamen Sache
stellen müssen. Was ist das menschliche und künstlerische Geheimnis,
das dies möglich macht? Wo verlaufen die Widersprüche zwischen
Tradition und Erneuerung, Ego und Gemeinschaft?
Das weltberühmte Orchester ist eine Parallelgesellschaft, die ihren
eigenen Gesetzen und Traditionen folgt: ein in der musikalischen Welt
fast einzigartiger demokratischer Mikrokosmos, dessen soziales Gefüge
und Zusammenhalt auf der gemeinsamen Leidenschaft für die Musik
basiert, aber dennoch auch Leistungsdruck, Konkurrenz und Zwänge kennt.
Hinter der Unterschiedlichkeit der Musikerbiografien und der Wege, die
sie zu den Berliner Philharmonikern geführt haben, scheinen die allen
gemeinsamen Erfahrungen auf: die Liebe zur Musik und zum Instrument;
die Freude am musikalischen Austausch; die Einsamkeit des Übens, der
Wettbewerbe und Prüfungen; die Sehnsucht nach Anerkennung; die Zweifel
und Einbrüche; der tiefe innere Ehrgeiz, sich weiter zu entwickeln, und
der dauernde Druck der eigenen und äußeren Anforderungen.
In den 125 Jahren ihres Bestehens haben die Berliner Philharmoniker
niemals einen so tiefen Einblick in ihr Innenleben gewährt. Mit ihrem
Dirigenten Sir Simon Rattle gehen sie auf Konzertreise nach Bejing,
Seoul, Shanghai, Hong Kong, Taipei und Tokyo; im Gepäck die Partituren
von Thomas Adès’ „Asyla“, Beethovens „Eroica“ und Richard Strauss’
„Heldenleben“. Inmitten der vibrierenden Metropolen Asiens, in der
Begegnung zwischen abendländischer Tradition und fernöstlicher
Philosophie, europäischer und asiatischer Moderne, im Schwebezustand
einer mehrwöchigen Reise zwischen Neugier, Leidenschaft und Erschöpfung
werden die vielfältigen Motivationen und Temperamente sichtbar, die
jeder dieser höchst ausgeprägten Persönlichkeiten ins Orchester
einbringt.
Der Film zeigt den aufreibenden Alltag der Konzertreise,
Orchesterproben, Masterclasses, die wenigen kurzen Ausflüge, die der
straffe Zeitplan den Musikern erlaubt, die Einsamkeit des individuellen
Übens zwischen Hotelzimmern, Pressekonferenzen und organisatorischen
Absprachen, die zunehmende Spannung vor dem Konzert und schließlich das
hoch konzentrierte Musizieren des Orchesters vor seinem Publikum.
Mit großem Geschick und Gespür verwebt Thomas Grube diese
Beobachtungen mit Impressionen der Asienreise und den Aussagen der
einzelnen Künstler. In bemerkenswerter Offenheit und Nachdenklichkeit
erzählen sie von ihrem Leben, von Zweifeln und Leistungsdruck,
Tradition und Aufbruch, von Freundschaft und Konkurrenz, Träumen und
Fremdbestimmung, von der aufreibenden Probezeit bis zur Wehmut des
Abschieds – und die ewige Sehnsucht nach Einklang und Erfüllung, die in
einem überwältigenden Moment während eines Konzerts vor 30.000
Zuschauern in Taipei greifbar wird.
TRIP TO ASIA verbindet die einzelnen Elemente zu einem schillernden,
mitreißenden Ganzen: die bewegende Musik von Adès, Beethoven und
Richard Strauss, dessen ‚Heldenleben‘ sich wie ein roter Faden durch
die Filmerzählung zieht; die einzelnen Etappen der Asienreise, die die
Kameraleute Anthony Dod Mantle, Alberto Venzago und René Dame mit
einfühlsamer Neugier in ihren vielfältigen Facetten und Gegensätzen
zeigen. Der Komponist und Klangkünstler Simon Stockhausen hat dazu aus
den atmosphärischen Tönen der Reise den faszinierenden Filmscore Sounds
Of Asia geschaffen, der die Musik der Philharmoniker, ihre
Lebenserfahrungen und die Reiseeindrücke zu einem atemberaubenden
Ganzen verbindet, das dem Wunder des Einklangs nachspürt.
Ganz erklären lässt sich dieses Geheimnis nicht. TRIP TO ASIA lädt ein, es zu erleben.
Über den Regisseur Thomas Grube:
Quelle: 58. Internationale Filmfestspiele Berlin (Katalog)
Thomas Grube, Jahrgang 1971, studierte an FU Berlin Politologie,
Nordamerikanistik und Osteuropastudien, sowie Film- und
Fernsehwirtschaft an der Filmhochschule Potsdam-Babelsberg. Nach
Tätigkeiten als Aufnahme- und Produktionsleiter bei zahlreichen Film-
und Fernsehproduktionen sowie einer Reihe eigener Kurzfilme,
Musikdokumentationen und -videos, arbeitete er als freier Autor und
Produzent unter anderem für den Kulturkanal ARTE. 1997 gründete er
gemeinsam mit Uwe Dierks die auf Dokumentarfilme spezialisierte Firma
"grube&dierks", bei der er – wie Dierks – als Produzent, Autor und
Regisseur fungierte. Im Jahr 1999 gründeten Grube und Dierks gemeinsam mit der Journalistin Andrea Thilo die Produktionsfirma BoomtownMedia, bei der
Grube neben seiner Arbeit als Autor und Regisseur für Produktion und
Entwicklung zuständig ist. Für ihre TV-Dokumentation "Warschauexpress"
war das Team Dierks, Grube und Thilo im Jahr 2000 für den Deutschen
Fernsehpreis nominiert. Der von BoomtownMedia produzierte
Dokumentarfilm "Rhythm is it!" wurde mit dem Deutschen Filmpreis 2005
ausgezeichnet.